Wem gehört das geistige Eigentum und wer darf es wie verwerten?

 

Dienstag den, 3. November, 19 Uhr

in der Internationalen Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg

 

Die Kontroverse um das Urheberrecht im Zeitalter der Digitalisierung

 „Wem gehört das geistige Eigentum und wer darf es wie verwerten?“ Unter diesem Titel diskutierten Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Verbraucherschutz und der Netzgemeinde am 3. November 2015 auf Kampnagel auf Einladung des Kulturforums Hamburg über die Zukunft des Urheberrechts. Ein spanender, informativer und gut besuchter Abend mit anregenden Beiträgen sowohl vom Podium als auch aus dem Publikum. 

 

Seit genau 50 Jahren gibt es das Urheberrecht in Deutschland. Es sichert Künstlern und Wissenschaftlern den gesetzlichen Schutz ihres geistigen Eigentums auf ideeller und materieller Ebene. Doch ist dies im Zeitalter der Digitalisierung überhaupt noch möglich? Muss das Urheberrecht an die Erfordernisse der modernen Informations- und Medienwelt angepasst werden?

Leonhard Dobusch, Juniorprofessor für Organisationstheorie am Management-Department der Freien Universität Berlin und Blogger bei netzpolitik.org, spricht sich für eine Öffnung und Veränderung des Urheberrechts aus, um neue kreative Formen von Kunst zu ermöglichen. Als Beispiel führt er das Sampling oder Mashup in der Musik an. Die Schaffung einheitlicher Vergütungstarife wie es beispielsweise in den USA mit dem Modell "Fair Use" praktiziert wird oder ein erweitertes Lizenzrecht wäre seiner Meinung nach eine Lösung.

Tobias Kiwitt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes  junger Autoren und Autorinnen e.V., warnt hingegen vor einer solchen Harmonisierung, da immer noch jeder Autor das Recht haben müsse, selbst zu entscheiden, was er wie veröffentlicht. Die Bezahlung digitaler Inhalte, die Eindämmung der Produktpiraterie und eine genaue Vergütung für Autoren festzulegen, hält er für wichtiger als eine Reform des Urheberrechtes: „Das Urheberrecht muss nicht geändert, sondern nur durchgesetzt werden.“ Das scheitert aber oft am ungleichen Kräfteverhältnis zwischen Individuum und Großkonzern. Dies bestätigten auch persönliche Erfahrungsberichte aus dem Publikum.  .

Petra Kammerevert, MdEP, Mitglied im Kultur- und Medienausschuss, plädiert ebenfalls für einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern, Verbrauchern, Wirtschaft und Verwertungsgesellschaften. Die Urheber müssten gestärkt und fair vergütet werden. Gleichzeitig müssten künstlerische und kulturelle Inhalte für das Publikum weiterhin leicht zugänglich sein. Einfachere Zahlungsmöglichkeiten für Nutzer digitaler Inhalte  wären ein Anfang.

Egbert Rühl, Geschäftsführer der Hamburg Kreativ Gesellschaft, setzt darauf, das Urheberrecht stärker ins öffentliche Interesse zu rücken und die Nutzer aufzuklären: "Man muss ihnen klarmachen, dass sie eventuell Rechte verletzen."

 

Die Beteiligten waren sich durchaus einig, dass die große internationale Verbreitung von Inhalten über das Internet eine große Chance für junge Künstler und Autoren darstellt, doch ist es ein Problem, dass sich digitale Plattformen wie Youtube, Google oder Amazon kostenlos am geistigen Eigentum der Urheber bedienen. Es wurde ebenfalls gefordert, dass das Vorgehen von Verwertungsgesellschaften wie der Gema, in Zukunft transparenter werden müsse.

Um aber mit den monopolisierten Verwertungsgesellschaften und Großkonzernen wie Apple, Google und Co. eine angemessene Vergütung sowie das Recht auf Veröffentlichung auszuhandeln, braucht es kollektive Zusammenschlüsse der Kreativen, fordert Egbert Rühl. Standards zu formulieren und diese durchzusetzen, sei ihre einzige Möglichkeit.

Petra Kammerevert spricht sich auch für eine Regulierung der Plattformen aus, damit eine kulturelle Vielfalt erhalten werden kann und auch kleinere Anbieter eine Chance auf dem Markt haben. Hier sind aber auch die Interessenverbände selbst gefragt, sich im Bereich Digitalisierung weiterzubilden und beispielsweise selbst neue Plattformen zu gründen, so Moderator Hansjörg Schmidt, MdBü, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien und im Kulturausschuss.

 

Die Beiträge machten deutlich: Nicht nur am Urheberrecht muss angesichts der Herausforderungen durch digitale Medien etwas geändert werden. Ziel muss die Stärkung der Urheber sein, damit sie von ihrer schöpferischen Tätigkeit leben können.

Ein geschlossener Richtlinienentwurf auf EU-Ebene zum Urheberrecht ist bereits in Arbeit.

(Marita Landgraf)

 

Fotos: Günther von der Kammer