Führung durch die Sammlung Falckenberg

für die Mitglieder des Kulturforums

am 15. März 2022 um 17 Uhr 

 

Um die zwanzig Mitglieder sind der Einladung des Kulturforums in die Sammlung Falckenberg nach Harburg gefolgt. Der Sammler selbst gibt in der zweistündigen Führung Einblicke in die 2200 Werke umfassende Ausstellung, bestehend aus Malereien, Skulpturen und Rauminstallationen. Die ehemaligen Fabrikhallen sind von dem Architekten Roger Bundschuh mit vielen optischen Tricks zu Ausstellungsräumen umgebaut worden. Je nach Standpunkt werden die Objekte so gerahmt oder in den Raumkontext eingebunden.

Der Jurist Harald Falckenberg begann 1994 Kunst zu sammeln. Er soll genug von den Banken gehabt haben, die jede Woche mit einer anderen Idee kamen, wie er sein Geld anlegen solle, verrät einer, der früh von ihm gefördert wurde, der Maler Werner Büttner, in einer Fernsehdokumentation. Mit seiner Vorliebe für deutsche und amerikanische Gegenwartskunst der letzten dreißig Jahre hat Harald Falckenberg eine einzigartige Zusammenstellung von Kunstwerken geschaffen. Er zeigt eine Gegenkultur: Kunst, die nicht schön, sondern unbequem und radikal ist.

Rainer-Maria Weiss begrüßt den renommierten Sammler als “besten Anwalt für seine Sache“; denn die Veranstaltung soll auch die Frage, wie es mit der Sammlung weitergeht, in den Vordergrund rücken. „Wir möchten, dass die Sammlung in Hamburg bleibt“, erklärt Galeristin Renate Kammer in aller Deutlichkeit.

Zunächst werden Klappstühle verteilt, dann führt Veronika Schöne in die Tomi-Ungerer-Ausstellung. Einen humorvollen Blick auf die Gesellschaft offenbart der französische Grafiker und Kinderbuchautor in seinen skurrilen Zeichnungen. So beobachtet der Künstler in seiner Serie „The Party“ großbürgerliche Schichten und demaskiert den Reigen, indem er beispielsweise Paaren in Abendrobe Schweinsköpfe verpasst. Dass Kunst amüsant ist und dennoch kritisch, war dem Sammler immer wichtig. So ist es nur schlüssig, dass er es ist, der eine der ersten Retrospektiven von Ungerer zeigt. Mit schnellen Schritten begeht die interessierte Gruppe des Kulturforums die weiteren Ausstellungsräume auf den insgesamt 6000 Quadratmetern, die über sechs Etagen verteilt sind.

Auf einer anderen Etage sorgt die ständige Installation „The Palace at 4 A.M“ von Jon Kessler für nachdenkliche Momente. Geht es hier doch um 9/11 und den Krieg gegen den Terrorismus. Von zahlreichen Kameras überwacht, gehen die Besucher durch das multimediale Raumkonzept. Auf den Bildschirmen flimmern die in sich zusammenbrechenden Twin Towers, George W.Bush oder Saddam Hussein.

Auf einem anderen Stockwerk werden einige großformatige Gemälde von Daniel Richter herausgeschoben, und Harald Falckenberg zeigt, wie Albert Oehlen gegen das “Nur Schöne“ protestiert: Seine Seerosen von 1982, angelehnt an Monet, welken im versifftem Wasser vor sich hin, umgeben von gesunkenem Werkzeug. Zuletzt führt Veronika Schöne in die oberste Etage zu einer Jonathan Meese-Arbeit. Das Enfant terrible der Kunstszene ist gleich mit mehreren Arbeiten in der Sammlung präsent. Auf dem Weg nach unten hängt von der Decke schwer ein Beton-Zeppelin - eine Arbeit von Sarah Lucas. In diesen Tagen weckt er Gedanken an den Beschuss des Himmels über der Ukraine.

Als es bereits dunkel ist, verlassen die Besucher die Harburger Hallen, gestärkt von der Kunst für die Realität. Neben den großen Museen, die sich dem Wahren und Guten verschrieben haben, braucht Hamburg eine Sammlung wie diese. Eine Sammlung, die seine Besucher zum Denken bringt.

(Franziska Herrmann)

Fotos: Renate Kammer