Mehr Fortschritt wagen – auch für die Künste?

Was die Ampel-Koalition für die Kultur tun will

am 28. März 2022, um 19 Uhr 

im Raum kmh der Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg

 

„Wir wollen Kultur mit allen ermöglichen, indem wir Vielfalt und Freiheit sichern, unabhängig von Organisationsformen, von Klassik bis Comic, von Plattdeutsch bis Plattenladen.“ Das steht im Koalitionsvertrag der „Ampel“-Parteien. Sie versprechen, sich für Kunst und Kreativwirtschaft einzusetzen, für eine bessere soziale Sicherung Freischaffender zu sorgen, Bücherhallen als dritte Orte zu stärken, die Zusammenarbeit mit den Ländern unbürokratischer zu gestalten und Kultur als Staatsziel in der Verfassung zu verankern. Wie soll das alles konkret umgesetzt werden? Und wie kann Hamburg davon profitieren? Viel hat man davon seit Amtsantritt der neuen Regierung noch nicht gehört – was sicherlich auch der Dominanz anderer Themen wie der Pandemie und dem Angriff auf die Ukraine geschuldet ist. Grund genug für das Kulturforum, zur Diskussion einzuladen.

  

Auf dem Podium:

Emilia Fester (MdB aus Hamburg, Bündnis 90/Die Grünen, stellv. Mitglied im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien)

Helge Lindh (MdB, Obmann der SPD im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien)

Hansjörg Schmidt (MdHB, Mitglied im Kulturausschuss)

Olaf Zimmermann (Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats)

Moderation: Sabine Rheinhold (freie Journalistin)

Fotos Gerhard Lein: Emilia Fester und Helge Lindh im Disput / Emilia Fester / Olaf Zimmermann

 

„Darf man in Kriegszeiten über Kultur reden?“, eröffnet die Moderatorin Sabine Rheinhold die Veranstaltung „Mehr Fortschritt wagen – auch für die Künste? Was die Ampel-Koalition für die Kultur tun will“.

Wohl aufgrund der unruhigen Zeiten blieben die Kulturpläne der Ampelregierung bislang wenig beachtet. Zwar wurde unter andaerem versprochen, sich für eine bessere soziale Sicherung freischaffender Künstler zu sorgen, Bücherhallen als dritte Orte zu stärken und Kultur als Staatsziel in der Verfassung zu verankern - doch viel hat man seitdem nicht gehört.

Auf dem Podium diskutieren Emilia Fester (MdB aus Hamburg, Bündnis 90/die Grünen, stellv. Mitglied im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien), Helge Lindh (MdB, Obmann der SPD im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien) und Olaf Zimmermann   (Geschäftsführer des deutschen Kulturrats).

In der Pandemie haben viele Künstler jede Existenzgrundlage verloren, beginnt Olaf Zimmermann, und da muss geholfen werden. Emilia Fester, seit letztem Jahr jüngstes Bundestagsmitglied, zeigt sich zufrieden über eine Verlängerung des Förderprogramms „Neustart Kultur“ und setzt sich für den Ausgleich des Gender-Pay-Gaps ein. Außerdem plädiert sie dafür, Clubs auch als Kulturstädten zu betrachten. Helge Lindh veranschaulicht die Situation der Künstler und berichtet vom Auftritt eines Sängers im französischen Fernsehen, der für Aufsehen sorgte. Er sprach dort sehr offen über seine Suizidgedanken und die Einsamkeit der letzten zwei Jahre.

Es gehe vorrangig um vernünftige Mindestlöhne und eine Umgestaltung des Sozialversicherungssystems, in dem auch Menschen, die nicht fest angestellt sind, untergebracht sind. Als das Thema auf die Künstlersozialkasse kommt, meldet sich auch das Publikum. Die Künstler wieder in die Festanstellung bringen, wird verlangt. Doch sollen nun alle freien Künstler fest angestellt werden? Wie soll das gehen? Und wollen sie das überhaupt?

Die Problematik mit der KSK besteht seit Jahren. Für Künstler geschaffen, finden dort längst nicht alle Kunstschaffenden Zutritt. „Warum werden z.B, die partizipativ als Kunstvermittler arbeitenden Künstler nicht aufgenommen?“ fragt eine Dame aus dem Publikum.

Gegen Ende der Diskussion geht es um das Staatsziel Kultur im Grundgesetz. Emilia Fester ist dafür; Helge Lindh befürchtet, ein Paragraf sei nur Propaganda und habe keine Folgen. Die im Titel der Veranstaltung formulierte Frage lässt sich nach der knapp zweistündigen Gesprächsrunde mit viel Diskussionsbedarf und wenig konkreten Lösungen mit einem Ja! beantworten. Es ist noch viel zu tun, bis Künstler hierzulande aufatmen können. (Franziska Herrmann)