„Künstliche Intelligenz – Konkurrenz oder Unterstützung menschlicher Kreativität?“
am Dienstag, den 22. Oktober 2019, 19.00 Uhr
Internationale Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
Die Künstliche Intelligenz (KI) macht auch vor den kreativen Schöpfungen des Menschen nicht halt. In der Literatur, der bildenden Kunst, den Medien und der Musik gibt es Beispiele. Maschinen können komponieren, Texte ersinnen, Bilder malen. Versuche, klassische Werke mit Hilfe von KI zu komponieren oder Erfolgsromane weiterzuschreiben, gibt es längst. Können wir diese Fähigkeiten nutzen, sie unter Kontrolle halten – oder erreichen wir irgendwann ein Stadium, in dem der Computer menschliche Kreativitat überfügelt?
Das Kulturforum und der Deutscher Journalisten-Verband Hamburg luden ein zur Podiumsdiskussion.
Auf dem Podium:
Björn Böhning (Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
Ulla Hahn (Autorin)
Dr. Konstantina Orlandatou (Hochschule für Musik und Theater Hamburg)
Prof. Dr. Christian Stöcker (Studiengangsleiter Master Digitale Kommunikation an der HAW Hamburg)
Moderation: Mischa Kreiskott (NDR-Kultur- und Musikredakteur)
Fotos von: Florian Büh und Günther von der Kammer
Begrüßung durch Marina Friedt und Cornelie Sonntag-Wolgast / Komponistin Dr. Konstantina Orlandatou / Prof. Dr. Christian Stöcker / Moderator Mischa Kreiskotti / Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales / Blick ins Publikum
Lieben Sie Bach? Seine virtuosen polyphonen Werke sind doch einzigartig, nicht wahr? Der Choral Nr. 1 zum Beispiel - ein unverwechselbares Meisterwerk. Den würden Sie doch sogar im Traum noch erkennen! Und erst recht von einem vom Computer komponierten Werk unterscheiden!
Sind Sie sich da denn ganz sicher?
Ein ungläubiges Gemurmel geht durch das Publikum des voll besetzten Saals auf Kampnagel. Hier und da werden Köpfe geschüttelt, als Dr. Konstantina Orlandatou, Dozentin an der Hochschule für Musik und Theater, auflöst, welches der beiden eben gehörten Werke das Barockgenie und welches die Künstliche Intelligenz (K.I) komponiert hat. Kaum einer hatte richtig gelegen.
Lange Zeit wurden die modernen Technologien vor allem in der Wissenschaft eingesetzt, sollten dort ersetzen, ergänzen und erfinden. Doch K.I ’s machen auch vor dem Eingreifen in kreative Schöpfungsprozesse keinen Halt mehr. Texte werden maschinell generiert und sind von handverfassten Texten nicht mehr zu unterscheiden. Google hat in Paris ein eigenes Zentrum geschaffen, in dem Künstler mit virtueller Intelligenz herumspielen können. Künstler binden die Maschine als ihre Muse in den kreativen Prozess ein und entwickeln im Dialog mit den Algorythmen ganz neue Ausdrucksformen.
“Künstliche Intelligenzen sind ein Werkzeug für kreative Prozesse. Sie können einem unliebsame Aufgaben abnehmen “, so beschreibt es Konstantina Orlandatou, selbst Komponistin, die noch “mit Bleistift und Papier am Klavier begann“. Die neue Zeit bietet Chancen in allen Bereiche; doch viele Menschen fürchten sich auch vor den Veränderungen und sind voller Sorge vor der “Maschine, die den Menschen ersetzt“. Björn Böhning, Staatssekretär für Arbeit und Soziales, verspricht: “Der Staat wird mit Qualifizierungs und Weiterbildungsangeboten dafür sorgen, dass Deutschland international mithalten kann“. Interessant ist auch die Frage nach dem Urheberrecht bei maschinell erzeugten Erfindungen. Wer trägt Ruhm und Tantiemen für Erschaffenes? Ungeklärte Fragen.
Ob eine K.I etwas Vergleichbares wie den Punk erfinden könnte, fragt Mischa Kreiskott, Kulturjournalist beim NDR blitzgescheit in die Runde und meint damit den Bruch des Punks mit bisher da gewesener Musik, der mit einem völlig neuen Stil Jugend und Popkultur aufrüttelte und eine Bewegung anstieß, die über Musik hinaus ging. “Wohl kaum“- führt Dr. Christian Stöcker aus. Der Psychologe und Studiengangsleiter für Digitale Kommunikation an der HAW fügt schmunzelnd hinzu “Obwohl : zukünftiger Punk wäre demnach vielleicht eine Bewegung, die ausschliesslich K.I- Musik hört und sich so von der uns bekannten Musik abwendet.“ Die Tiefe der Intelligenz der Roboter begreift man, als die Rede auf Alpha Go kommt, ein Computerprogramm, das bereits 2016 einen der weltbesten Go! Spieler, den Koreaner Lee Sedol, besiegte. Das Brettspiel gilt aufgrund seiner komplexen Vielfalt an Spielzügen als eines der schwierigsten der Welt. “Die neue Generation des Roboters trainierte nur noch gegen sich selbst “ Ein Verlierer, der auch Gewinner ist und sich so ins Unermessliche steigern, die eigene Intelligenz bezwingen könnte. Faszinierend! “Das Spiel sei nicht durch Logik allein begreifbar, sondern seine Komplexität und Tiefe könne nur durch Intuition bewältigt werden“ liest man auf Wikipedia. Wenn dem so ist, hätte die Maschine über uns gesiegt. Doch bislang gilt (so auch Konstantina Orlandatou), dass die Intuition, das sogenannte Bauchgefühl, die Emotionen dem Menschen vorbehalten sind. Eine K.I kann Gefühle nur simulieren.
Wenn Sie sich also bereits auf das schöne Weihnachtsoratorium freuen, wenn dann Ihr versunkener Blick durch die Kirche wandert, wenn Sie der Orgel lauschen – diese Freude wird Ihnen keine K.I und kein Roboter jemals rauben. Da seien Sie sich ganz sicher! (Franziska Herrmann)