Neue „GroKo“ – neue Chancen für die Kultur?“                                                  

Dienstag, 13. Februar 2018 um 19.00 Uhr  

Internationale Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20,  22303 Hamburg

 

Kultur ist Ländersache, aber auch der Bund gibt Impulse, fördert Projekte. Auch Hamburg hat davon profitiert. In den öffentlichen Debatten um eine neue „Große Koalition“ spielt das Thema – weil kaum strittig – keine Rolle, aber in dem Papier zum Ergebnis der Sondierungen finden sich unter dem Titel „Kunst, Kultur und Medien“ Passagen, über die zu reden sich lohnt. Etwa über ein „gesamtstaatliches Bündnis für kulturelle Bildung“ oder über einen verstärkten Beitrag von Kultur und Bildung für ein gemeinsames Europa. Ziehen wir den Bogen weiter: Was bleibt noch von der Willkommenskultur? Und was ist von der Wiederbelebung des Begriffs „Leitkultur“ zu halten? Sollte ein Bundeskulturministerium eingerichtet werden? Wir laden ein zur Diskussion.

 

Auf dem Podium:

Hartmut Ebbing, FDP-MdB, Mitglied des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien              

Tim Renner, Musikproduzent und Autor, Berliner Kulturstaatssekretär a.D.                                

Dr. Ernst-Dieter Rossmann, SPD-MdB, Bildungsexperte seiner Fraktion

Moderation: Kathrin Erdmann, Journalistin

 

“Kultur ist der Spiegel unseres Selbstverständnisses und der Identitätsfindung“, sagt Ernst - Dieter Rossmann. Den Abschnitt des Koalitionsvertrags zur Kultur hat er auf seinem Schoss liegen und zitiert immer wieder daraus. Der kulturellen Vision werden 15 Seiten im Papier eingeräumt, eine deutliche Steigerung zu den zwei Seiten in der vergangenen Legislaturperiode, bemerkt FDP-Politiker Hartmut Ebbing. Tim Renner, Berliner Kulturstaatssekretär a.D., ruft ganz zu Beginn:“ Es braucht eine Partei, die den Wandel umarmt!“ Sein Kommentar zum Kultur-Passus im Koalitionsvertrag: „’Das wird doch eh alles weggeprüft’. Dennoch besteht Grund zur Hoffnung. Denn die „feinen Schneckenspuren der SPD“, wie Rossmann sie bezeichnet, ziehen sich konstant durch den gemeinsam gefundenen Konsens der Parteien. Der in Pinneberg agierende Politiker und Bildungsexperte warnt zugleich: dem schlimmen Kulturverständnis der AfD müsse etwas entgegengesetzt werden.

Hartmut Ebbing unterstreicht die Dringlichkeit besserer Bedingungen für Künstler.  Zum Thema Künstlersozialkasse (KSK)  führt Tim Renner das Wort. Ihn treibt die prekäre Lage der Kreativen unserer Gesellschaft um. Weiter spricht er vom digitalen Wandel der sich auch im Verlagswesen vollziehen müsse. So sei der Bestellvorgang für E-Books für Bibliotheken noch erheblich verbesserungsfähig.

Dass die Öffentlich Rechtlichen sich noch mehr auf den Bildungsauftrag fokussieren könnten, findet  Hartmut Ebbing. Die Unterhaltung ganz den Privaten überlassen möchte dann in der Runde jedoch niemand. Stimmen aus dem Publikum wünschen sich ähnliches; die Lust auf besseres Fernsehen wird kundgetan. Arte und 3Sat als einzig vertretbare Fernsehprogramme mit kulturellem Anspruch in Deutschland – das sei zu wenig! Der unentgeltliche ÖPNV, der an diesem Abend gerade von der Bundesregierung als Prüfauftrag ins Gespräch gebracht wurde, und der freie Eintritt in Museen wurden von allen Diskutierenden begrüßt und hätte den Koalitionsvertrag bereichern können.

Weitere Forderungen: intensiveres und systematischeres Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Planung und Finanzierung, vielfältige Gestaltung der kulturellen und politischen Bildung.

In der Abschlussrunde lässt Moderatorin Kathrin Erdmann vom NDR die Diskutierenden ein Fafzit ziehen. Vier von fünf Punkten wurden bei der Durchsetzung des Vertrags erreicht. Für Tim Renner heißt das trotzdem, dass es noch viel zu tun gibt.  Ernst-Dieter Rossmann spricht von einem wunderbaren Ergebnis: „Kultur nicht als Subvention, sondern als Investition in unsere Zukunft“. Das Programm steht, was im Kompromiss des Regierens verwirklicht wird - darauf dürfen wir nun voller Hoffnung und Spannung warten.

(Franziska Herrmann)

Fotos: Günther von der Kammer