Was plant Hamburgs neuer Oberbaudirektor? - Mit Franz-Josef Höing im Gespräch     

Dienstag, 10. April 2018 um 19.30 Uhr 

Internationale Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg

 

Oberbaudirektoren in Hamburg haben die Chance, das Stadtbild über Jahrzehnte hinweg zu prägen. Sie stehen aber auch vor immensen Herausforderungen – gerade heute und in naher Zukunft! Manche sagen, dies sei einer der unbequemsten Jobs in der Hansestadt. Aber wohl auch einer der spannendsten! Neue Wohnungen werden dringend gebraucht, weniger attraktive Quartiere sollen aufgewertet, Grünzonen erhalten oder sogar ausgeweitet werden, Kontroversen um Denkmalschutz versus Abrisspolitik werden in der Öffentlichkeit leidenschaftlich diskutiert. Seit dem 1. November 2017 ist Franz-Josef Höing mit der Aufgabe betraut, schlüssige und überzeugende Antworten auf solche Fragen zu geben.

Das Kulturforum Hamburg lud zum Gespräch ein.

Moderation: Daniel Kaiser (Leiter der Kulturredaktion bei NDR 90,3)

 

Volles Haus beim Kulturforum auf Kampnagel! Rund 120 Besucher möchten Näheres über die Pläne des neuen Oberbaudirektors Franz Josef Höing hören, der seit November letzten Jahres als Nachfolger Jörn Walters im Amt ist. Daniel Kaiser, Kulturchef von NDR 90,3, führt nach der Einleitung des Landesarchäologen und stellvertretenden Kulturforums-Vorsitzenden Prof. Rainer Maria Weiss durch den Abend. 

Die Position Oberbaudirektors gleiche der eines  ‘Trüffelschweins’, erfahren wir von Höing gleich zu Beginn. Nun gelte es, traditionelle Vorstellungen von Stadt (’ein Ort mit besonderen Orten’) mit den neuen Anforderungen zusammenzubringen,  die die ‘wachsende Stadt’ mitbringt. In vielen Medien wurden zuletzt der bevorstehende Abriss der City- Hochhäuser und der Entwurf für den 235 Meter hohen Elbtower  kritisiert. Höing, selbst kein Hamburger, sieht Hamburg spürbar vor seinem inneren Auge. Sein verbaler Spaziergang durch die Hamburger Innenstadt  über den Speicherplatz, den Domplatz , den Hafen und die malerisch pittoresk anmutende Gegend um Blankenese bis hin zum großen schönen Teich in seiner Mitte - zieht einen hinein in seine Welt. Fast glaubt man, in einer 3D-Dokumentation zu sitzen; bis er innehält: Dies seien 30% des Stadtbilds. Ganz anders das Leben vor der Stadtgrenze, etwa in Osdorf, Mümmelmannsberg oder in Allermöhe, wo ein neuer Stadtteil erst noch entstehen werde. Dort neu zu planen und zu bauen, sei ‘eine Herausforderung’. Die meisten Arbeitsplätze sind an den Stadtrand ausgelagert  - aber dort ist der Platz für die jährlich 10.000 geplanten neuen Wohnungen! 

’Häuser müssen höher werden, um dem Wachstum den notwendigen Raum zu geben’. Klar, dass Verdichtung die Lösung scheint, doch vielen Hamburgern ist dies nicht recht, galt doch einmal die Regel (jedoch längst durchbrochen), der Michel sei der höchste Turm der Stadt. 

Es kommen einige Fragen aus dem Publikum zum Beispiel nach dem Abriss der City-Hochhäuser (‘bereits beschlossene Sache vor Amtseintritt’), was denn mit dem alten Domplatz passiere und natürlich dem Deutschlandhaus. In dem von den jüdischen Architekten Block und Hochfeld entworfenen Haus war einst das größte Kino Europas. Heute habe das Gebäude nichts mehr mit dem historischen Bau gemeinsam, versucht Höing erfolglos zu propagieren.. Auf den tristen Wohnungsbau von Kiel bis München angesprochen, räumt Höing, der sich im Gespräch stets vermittelnd zwischen Stadt und Bürgern zeigt, eine gewisse ’Ideenlosigkeit im Wohnungsbau in ganz Deutschland’ ein.

Abschließend versichert er, dass selbstverständlich ’betörende Entwürfe’ die einzige Reaktion auf historisch zu verändernde Plätze im Stadtbilds Hamburg sein können.

 

Die traditionsreiche Handelsstadt wird sich damit arrangieren müssen, dass sich die Stadt weiter verändert. Den Charme wird der Hansestadt jedoch niemand nehmen; denn das hohe Bürgerinteresse auch in dieser Runde zeigt einmal mehr: mögen die Türme auch wachsen - das wahre Gesicht der Stadt sind die Hamburger Bürger. (Franziska Herrmann)