Was suchen Tänzer in Museen? – Oder sind es die Museen, die die Tänzer suchen?

28. September 2017 um 17 Uhr

Fabrik der Künste, Kreuzbrook 10-12, 20537 Hamburg

 

Die interdisziplinäre Verschränkung der Künste hat eine recht junge Geschichte. Zwar tauchte Tanz bereites 1905 das erste Mal im Museum auf, als die niederländische Künstlerin Mata Hari von dem Industriellen Émile Guimet eingeladen wurde, in dem von ihm gegründeten Museum asiatischer Künste zu tanzen, doch suchte, so Nele Lipp in ihrem einleitenden Vortrag, erst 60 Jahre später ein Tänzer, namentlich Merce Cunningham, das Museum als Ort der Aufführung eines von ihm choreografierten Stückes. Wo steht der Tanz im Museum heute? Dieser Frage widmet sich die Podiumsdiskussion, die im Rahmen der Ausstellung „20 Jahre interdiszipliniert. KOINZI-DANCE e.V.“ stattfindet.

 

Bis in die 70er Jahre, erinnert sich Thomas Sello, ist Interdisziplinarität Zündstoff gewesen. Heute dagegen, darin ist man sich auf dem Podium einig, sind gattungsübergreifende Momente inflationär geworden. Es sei eine kuratorische Mode, alles mit allem zu verbinden. Ob Documenta, Biennale oder die jüngst im ZKM in Karlsruhe eröffnete Ausstellung „The Art of Immersion“ – Bewegung und ein Hang zum Event finden sich allerorten. Museen weltweit, so Till Briegleb, suchen nach Performativem, man müsse aufpassen, dass man das „stille Kunstwerk“ nicht verliere, es bedürfe der Diskussion, damit die Interdisziplinarität nicht nur oberflächlich abgehandelt werde.

 

Tanz im Museum – ob nun durch Initiative der Institution oder der Tänzer – dürfe nicht zum bloßen Event werden, darin sind sich alle Podiumsgäste einig. Qualität ist gefragt und vor allem ortsspezifisches Denken. Nur ein Tanzstück, welches sich explizit auf den Ort seiner Aufführung beziehe, mache im Museum Sinn.

 

Ein kritischer Punkt bei Tanzprojekten ist die Dauer der Aufführung. Wie ist es zu bewerkstelligen, dass eine Choreographie für alle Besucher zu erleben ist? Wie finanziell zu leisten, dass sie über die Dauer einer Ausstellung kontinuierlich stattfindet? Denn Tänzer kosten Geld. Bei solchen Überlegungen angekommen, wird die Vielfalt des Tanzes im Museum ausgebreitet – ob mit museumspädagogischem Hintergrund, ob als Selbsterfahrung von Besuchern, die vor Bildern gemeinsam mit einer Choreographin das Bild in Tanz übersetzen oder als eigenständiges Werk in Form einer Performance, wie sie derzeit Anne Imhof auf der Biennale in Venedig im Deutschen Pavillon präsentiert. Die Möglichkeiten sind facettenreich, und letztlich lässt sich nicht entscheiden, wer wen sucht – die Tänzer das Museum oder das Museum die Tänzer. Denn beides ist der Fall und letztlich ist der wichtige Punkt, um den sich alles dreht, der, dass die Künste untereinander im Gespräch sind und sich austauschen. Dass dies nie ohne Diskussion und Kritik geschieht liegt in der Natur der Sache, umso wichtiger ist es deshalb, die Diskussionen zu führen. Der heutige Abend hat es bewiesen. (Anne Simone Krüger)

 

Fotos: Günther von der Kammer