Hamburgs Kulturpolitik in Nahaufnahme

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, im Gespräch mit Mitgliedern des Kulturforums Hamburg

Moderation: Florian Zinnecker (DIE ZEIT)

Mittwoch, 22. Januar 2020 um 19 Uhr

Internationale Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20

22303 Hamburg

 

Zum Auftakt unserer Veranstaltungsreihe im Jahr 2020 freuen wir uns über  einen wichtigen Gast:  Dr. Carsten Brosda, seit knapp drei Jahren Senator für Kultur und Medien, steht uns kurz vor den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft Rede und Antwort. Die Elbphilharmonie hat Hamburg international ins Rampenlicht gerückt, mehrere Museen und andere Kultureinrichtungen stehen unter neuer Leitung, der Bund sagt beachtliche Fördergelder zu, der Senator engagiert sich gemeinsam mit Kulturschaffenden Hamburgs gegen rechtspopulistische Angriffe auf die Kunst- und Meinungsfreiheit  – aber es gibt auch andere „Baustellen“, über die zu reden sich lohnt.    

Fotos: Günther von der Kammer: Blick aufs Podium / Dr. Carsten Brosda / Dr. Carsten Brosda im Gespräch mit den Mitgliedern des Kulturforums und Moderator Florian Zinnecker / Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Vorsitzende des Kulturforums

 

Vor einem außerordentlich gut gefüllten Saal auf Kampnagel begrüßte die Vorsitzende Cornelie Sonntag-Wolgast Kultursenator Dr. Carsten Brosda und kündigte für diese erste Veranstaltung des Kulturforums im Jahr 2020 ein neues Format der Befragung durch den Vorstand des Kulturforums an.

Den Auftakt bildete ein Zwiegespräch des Moderators Florian Zinnecker (DIE ZEIT) mit dem Senator. Die Einstiegsfrage des Moderators zum ungebremsten Mitteilungsbedürfnis des Politikers in allen Medien bei aller Komplexität der Aufgaben als Senator und als Autor verschiedener Bücher war eine Steilvorlage für den eloquenten Gast: “Das Ja-Sagen zur Arbeit habe ich schon als Volontär bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung gelernt. Denn dort musste man schnell und viel schreiben“. Sein letztes Buch „Die Zerstörung“ habe er im Urlaub verfasst, als seine Kinder schliefen.

 

Sein Selbstverständnis als Behördenchef  sei es, selbst Teil eines Diskurses zu sein, sich einzumischen in die öffentliche Debatte zu Themen der Kunst, die Wirkung entfalten und kontrovers sind. „Kunst kann beim Betrachter etwas bewegen, und wir können darüber reden - z. B. über die umstrittene Kunstaktion der ‚Vergoldung‘ der Veddel. Kunst hat etwas mit Demokratie zu tun. Es lohnt sich, am Gegenstand der Kunst das Diskutieren einzuüben.“ 

 

Und er lässt keinen Zweifel daran, was ihn umtreibt: Die Zerstörung des demokratischen Konsens z. B. durch rechtspopulistische Eingriffe in die Kultur und die Pressefreiheit. Gefragt, was kommunale Kulturpolitik bewirken kann, antwortet er, es sei wichtig, “die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so auszutarieren, damit alle profitieren können“. Gute Kulturpolitik habe nicht nur mit Subventionspolitik zu tun, auch wenn mehr Geld die Planungssicherheit der Kulturszene unterstütze. Das sei für die Behörde eine bleibende Herausforderung, denn der Anteil des Kulturhaushaltes mache in der Hansestadt gerade mal 3%  am Gesamthaushalt aus. „Aber es darf nicht aufhören, mehr Ideen einzufordern“. Kultur folge keinem Zweck. Und es brauche auch mehr kulturelle Orte und Freiräume für „widerborstige und offene“ Debatten.

Nach diesen Stellungnahmen zu seinem Selbstverständnis als Kulturpolitiker und Autor ging der Senator auf die speziellen Fragen der drei Vorstandsmitglieder Dr. Cornelie Sonntag, Hella Schwemer-Martienßen und Prof. Rainer-Maria Weiss ein. Es ging um brennende Fragen der Hamburger Kulturlandschaft, z. B. zur kulturellen Bildung und besseren Finanzierung von Stadtteilkultur, um das Aushebeln des Denkmalschutzes zugunsten von Investoren, zur Zukunft der Schilleroper, zur Förderung des Jazz sowie zur Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch rechtspopulistische Attacken.

 

Beiträge aus dem Publikum bezogen sich auf die bessere Förderung  der freien Szene und ausreichende Atelierräume. Schließlich die Frage: „Bleiben Sie wohl Kultursenator nach der Bürgerschaftswahl im Februar?“

Brosda wäre nicht Brosda, wenn er nicht antworten würde, wie er es tut: natürlich hoffe er auf eine weitere Legislaturperiode als Senator, aber ...“in einer Demokratie entscheiden die Wähler“.

 

Mit großem Applaus vom Publikum unterschiedlichen Alters wurde nach fast 2 stündiger Befragung 

dieser interessante und lebhafte  Abend beschlossen. Auf den Fluren und im Restaurant entwickelten sich anschließend noch weitere anregende Gespräche. (Ulrike von Kieseritzky)