27. Oktober 2016 um 19.30 Uhr

Dr. Carsten Brosda, Staatsrat im Gespräch mit Catarina Felixmüller

Internationale Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg 

 

Seit dem März 2016 ist Dr. Carsten Brosda Staatsrat in der Hamburger Kulturbehörde. Darüber hinaus verantwortet er als Staatsrat in der Senatskanzlei auch weiterhin die Bereiche Medien und Digitalisierung. Auf Einladung des Kulturforums Hamburg stellte er sich auf Kampnagel den Fragen der Kulturredakteurin Catarina Felixmüller.

Seine Anforderungen an die Hamburger Kulturpolitik: Kultur vermitteln, rechtzeitig Barrieren abbauen, um eine unmittelbare Erfahrung zu ermöglichen.

Ist die Rolle der Kultur immer wichtiger geworden, um auf problematische und unsichere Situationen einzugehen? Kultur funktionalisieren zu wollen, ist ein Fehler, so Brosda. Kultur kann einen Betrag zu gesellschaftlichen Themen und Fragestellungen leisten, kann produktiv irritieren und konfrontieren, neue Perspektiven aufzeigen und aufbrechen. Kulturpolitik kann die Rahmenbedingungen schaffen, um Kultur zu ermöglichen.

 

Was soll Kultur leisten?

 

Fotos: Günther von der Kammer

Thema Elbphilharmonie - auch das kam zur Sprache. Sind die Ängste anderer Konzertveranstalter vor einem Verdrängungswettbewerb begründet? Carsten Brosda teilt diese Sorge nicht. Die Elbphilharmonie wird die Blicke anziehen und auf die gesamte Hamburger Musikszene lenken. Er sieht sie als eine große Chance und ein Statement der Stadt für die Kultur, indem sie das Konzerthaus an so prominenter Stelle platziert hat. "Kultur gehört essentiell zu Hamburg dazu". 

Das geplante Deutsche Hafenmuseum hält Carsten Brosda für ein bedeutendes Projekt für Hamburg und Deutschland und betrachtet die Umsetzung als eine große Herausforderung. Die wichtige Rolle des Hafens für die Stadt - heute wie in der Vergangenheit - rechtfertigt ein solches Museum, aber auch den langwierigen Entwicklungsprozess der inhaltlichen Konzeption, für ihn eine Voraussetzung, um über den Standort des Neubaus zu entscheiden. Das Hafenmuseum muss es seiner Ansicht nach schaffen, den romantischen Hafen der Vergangenheit mit aktuellen Themen, wie Globalisierung, weltwirtschaftliche Verfochtenheit etc. zu verknüpfen und Fragen zu verhandeln, die für unsere Gesellschaft heute und in Zukunft wichtig sind. Damit nahm er auch Bezug zu Wortmeldungen aus dem Publikum.

Mit einem Antrag zum Integrationsfonds forderten die Bürgerschaftsfraktionen der rot-grünen Regierung eine Unterstützung der Integrationsarbeit von Stadtteilkulturzentren sowie Kinder- und Jugendkulturprojekten. Dies wurde Ende Oktober bewilligt. Insgesamt stehen nun 700.000 € mehr zur Verfügung - für Brosda eine tolle Botschaft, die zeige, dass tatsächlich etwas passiert. Die Förderung von Integrationsprojekten im kulturellen Bereich findet er deshalb so wichtig, weil sie Gespräche und ein Miteinander möglich machen. 

Eine erste Wortmeldung aus dem Publikum sprach die unzureichende Unterstützung der "Low-Kultur", wie bspw. Geschichtsvereine an. Diese fühlten sich manchmal vergessen. Ähnliches gelte auch für die Soziokultur, so ein weiterer Kommentar. Carsten Brosda teilt diesen Eindruck nicht. Kultur sei ihm in der gesamten Breite wichtig,  und zur Förderung von Soziokultur und Stadtteilkultur seien ja gerade zusätzliche Mittel bewilligt worden. 

Eine Teilnehmerin kam noch einmal auf das Thema der ästhetischen Bildung für Kleinkinder zu sprechen. Sie merkte an, dass die Ausbildung kognitiver Fähigkeiten für die mathematische, naturwissenschaftliche und technische Bildung ebenso wichtig sei, aber nicht so gut gefördert werde.Brosda warb dafür, möglichst frühzeitig Barrieren abzubauen. Er gab zu, dass in diesem Bereich noch viel nachzuholen sei, aber diese Veränderungen mehr Zeit bräuchten. Die Qualifikation von Lehrkräften, der Zeitaufwand, die Finanzierung von Förderprojekten etc. seien Probleme, die sich nicht sofort lösen ließen. Man sei aber auf einem guten Weg, etwa mit vielen kleinen schulübergreifenden Projekten. 

Das gleiche gilt auch für die Einrichtung eines Innovationsfonds für die Kunst, den Amelie Deuflhard im Publikum sitzend einforderte. Dieser würde spartenübergreifende Schnittstellen schaffen. Carsten Brosda stellte noch einmal klar : Zusätzliche Fördergelder sind momentan einfach nicht vorhanden, was aber keinen Entwicklungsstillstand und schon gar keine fehlende Wertschätzung darstellen soll. Diese Achtung gilt auch den Kulturschaffenden, Künstlern, der freien Szene selbst. "Davon kann es kein Genug geben! », sagte Brosda zum Abschluss der Diskussionsrunde. (Marita Landgraf)