Kunstfreiheit als Gradmesser demokratischer Freiheit

zum Zusammenhang von Kultur, offener Gesellschaft und Demokratie

 

Vortrag von Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien

20. März 2019 um 19:30 Uhr

Kunstverein Hamburg, Klosterwall 23, 20095 Hamburg

 

Artikel 5 unseres Grundgesetzes gewährleistet die Freiheit von Kunst und Medien. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einer gereiften Demokratie. Und doch gibt es in jüngster Zeit aus dem nationalistischen und rechtsautoritären Lager offene oder versteckte Attacken gegen Kunstwerke, Inszenierungen oder literarische Texte; Medienschelte zählt zum Repertoire rechtspopulistischer Demonstrationen.

Dagegen haben sich Künstler und Kulturinstitutionen mit ihrer „Erklärung der Vielen“ positioniert und werden im Mai für die Freiheit der Kunst bundesweit demonstrieren. Dass die Initiative vom Hamburger Senator für Kultur und Medien begrüßt und unterstützt wird, nahm Ende November 2018 die AfD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft zum Anlass für eine Große Anfrage.

Das Kulturforum findet: Es lohnt sich, über Freiheit, Vielfalt und gesellschaftliche Verantwortung der Kunst und die Rolle des Staates zu diskutieren! 

Es lohnt sich, über Freiheit, Vielfalt und gesellschaftliche Verantwortung zu sprechen!

Das Kulturforum lud Senator Carsten Brosda zum Vortrag ein.

 

Reinhören - Audiomitschnitt des Hamburger Kunstvereins

Fotos: Gerhard Lein, Carsten Brosda spricht zum Thema 'Kuntsfreiheit'"/Auftakt mit Gastgeberin Bettina Steinbrügge/Cornelie Sonntag-Wolgast begrüßt die Gäste

 

Ein Nachbericht:

Es lohnt sich, über Freiheit, Vielfalt und gesellschaftliche Verantwortung zu sprechen!

Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. So steht es in Artikel 5 des Grundgesetzes .Und doch gibt es in jüngster Zeit versteckte und offene Attacken aus dem nationalistischen und rechtsautoritären Lager gegen Kunstwerke, Inszenierungen oder literarische Texte. Erwartungsgemäß war der Kunstverein zur Veranstaltung  Kunstfreiheit als Gradmesser demokratischer Freiheit am Mittwoch Abend mehr als gut besucht.  Verantwortungsgefühl führte viele bekannte Repräsentanten der Kulturinstitutionen Hamburgs zum Gespräch mit dem Senator für Kultur und Medien, Carsten Brosda. In ihrer Begrüßung wies Hausherrin Bettina Steinbrügge darauf hin, dass wir stolz sein können auf 70 Jahre Grundgesetz und daran festhalten müssen in Zeiten, in denen Populismus und rechte Strömungen unsere Gesellschaft in allen Bereichen erreichen. 

Dass die Kultur Ziel und Angriffsfläche der AfD ist, darf nicht hingenommen werden. 

Mit der ‘Erklärung der Vielen’, die im letzten Jahr bundesweit unterschrieben wurde, solidarisieren sich Kulturschaffende gegen die rechten Attacken. Die Grosse Anfrage der AfD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft ist eine Reaktion darauf und entlarvt deren Angst vor einer starken künstlerischen Gemeinschaft. Dass die Erklärung in Hamburg von allen wichtigen kulturellen Institutionen unterschrieben wurde, ist zukunftsweisend.

Mit dem seit 2017 amtierenden Kultursenator Carsten Brosda hat Hamburg eine starken Fürsprecher der ‘Charta der Vielen’. In einem passionierten Kurzvortrag fasste er Bedeutung und Möglichkeiten der Kunst für unsere Gesellschaft zusammen. 

Brosda erläutert, assoziiert, erklärt, verbindet. Seine Thesen in der Zusammenfassung:  

Es gibt nichts Festgefügtes in dieser Welt, sondern nur die Fähigkeit, jeden Tag wieder neu zusammenzufügen. Demokratie heißt, miteinander immer wieder zu klären, wie wir leben möchten. Dafür braucht es Räume, die Kunst schafft und bietet. Dass wir in unserem Land unsere individuelle Einzigartigkeit leben können und dass diese Singularität unseren Zugriff auf die Welt prägt, ist eine Errungenschaft der heutigen Zeit. Immer wieder stellt sich die Frage, was uns als Gesellschaft ausmacht und wo wir Zusammenhalt und Gemeinschaft entdecken können. Dafür braucht es Orte der Kommunikation und des Austauschs. Aufgabe der Kunst ist es aber nicht nur, als Kitt der Gesellschaft zu dienen. Sie soll auch auseinandertreiben und polarisieren. 

In einer immer anonymeren Gesellschaft bieten Rechtspopulisten als Erfüllung des zutiefst menschlichen Wunschs nach Geborgenheit in der Gemeinschaft die Lösung im Rückschritt an, aber das ist keine Perspektive für eine diverse, tolerante Welt. ‘Hamburg hat schon immer mit dem Rücken zum Land und dem Blick in die Welt gestanden. Lasst uns drei Schritte voraus gehen’ ermutigt der Kultursenator. Fragen nach mehr Förderung und Unterstützung der bildenden Künste kommen im Anschluss aus dem Publikum. Dass die Förderung nur ein Teilaspekt von Kulturpolitik ist und die Behörde ihr Bestes gebe, ist für viele freischaffende Künstler sicher nur eine schwache Antwort; doch tut es gut, einen so kunstinteressierten Vertreter im bürokratischen Apparat zu wissen. Denn dort werden die Hebel für die offenen freien Räume, die hier so ausdrücklich erwähnt und beschworen wurden, ja betätigt. (Franziska Herrmann)