Oberbaudirektor in Hamburg - Bilanz und Perspektiven
Prof. Jörn Walter im Gespräch mit Prof. Ullrich Schwarz (ehem. Geschäftsführer der Architektenkammer Hamburg)
8. Juni 2017 um 19.30 Uhr
in der Aula der HfbK, Lerchenfeld 2, 22081 Hamburg
Fotos: Gerhard Lein
"Es gibt kaum einen Job, der so viel Energie und Kraft erfordert“, so leitete Prof. Ullrich Schwarz, ehemaliger Geschäftsführer der Architektenkammer Hamburg, das Gespräch mit dem scheidenden Hamburger Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter ein. Walter widersprach dieser Einschätzung nicht, zeigte aber doch, wie viel Freude ihm die schwierige Aufgabe in seiner 18jährigen Amtszeit dennoch gemacht hat und mit welcher Leidenschaft er an die künftige bauliche Entwicklung Hamburgs denkt. Rund 60 Besucher in der Aula der „Hochschule für bildende Künste“ lauschten gespannt dem Disput zwischen zwei Experten.
Wie gehen wir mit Geschichte und Zukunft einer Stadt um, wie entwickeln wir neue Ideen für ihre Gestaltung? In Dresden, seiner früheren Wirkungsstätte, habe das eine große Rolle gespielt, erzählte Walter. Doch die Stadt habe nicht die Kraft für wirklich Neues gefunden. Anders Hamburg, wo man diese Kraft durchaus habe, manchmal allerdings zu schnell Altes als nicht erhaltenswert eingestuft habe. „Wie brutal die Gründerzeit-Bauherren in die Städte hinein gehauen haben, wie rigoros bis in die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts abgerissen worden ist – das ist nicht mehr unsere Linie. Wir sind vorsichtiger, abwägender – wir fragen auch, wie gefährlich radikale Umbrüche sind.“ Die Zeiten des Umbruchs in den 60er und 70er Jahren hätten ihn stark geprägt, verriet Walter. Aber es sei nun eben auch die Phase des „kleinteiligen Weiterbauens“ in den Städten; das große Projekt Hafen City mit ihren Dimensionen sei deutschlandweit die Ausnahme.
Wie weit die Interventionsmöglichkeiten eines Oberbaudirektors reichten, wollte Schwarz wissen. Ein Vortragsrecht gegenüber der politischen Führung habe er nicht, berichtete Walter. Er habe es aber auch nicht vermisst. Seine Kontakte zu den jeweiligen Ersten Bürgermeistern seien gut gewesen. Die institutionelle Macht des Oberbaudirektors sei mit den stärkeren Entscheidungsbefugnissen der Bezirke eingeschränkt worden. „Es gibt in vielen Fällen ein Beteiligungsrecht und eine Abstimmungspflicht mit den großen städtischen Unternehmen – mehr aber auch nicht.“
Themen der Diskussion waren der Ausbau des südlichen Überseequartiers, die Konkurrenz der neuen Einkaufsangebote als Risiko für die teilweise überholten Kaufhaus-Strukturen der Mönckebergstraße, bauliche Fehlentwicklungen in Harburg und die Frage, wie die Ost-West-Straße attraktiver und wohnlicher gemacht werden könnte. Walters Rat: durchgehend belebte Erdgeschosse – und da man auf der Straße nichts als Asphalt sieht, würden schon drei Baumreihen helfen. „ Und die sollen auch mal wachsen dürfen und nicht schon nach acht oder zehn Jahren abgeholzt werden“.
Viele Fragen aus dem Publikum – und am Schluss lang anhaltender Beifall für die Lebensleistung des Oberbaudirektors, der von Amtsmüdigkeit nichts spüren ließ.